Geschichte

Haubergswirtschaft im Siegerland

Über die Anfänge der Haubergswirtschaft im Siegerland ist viel geschrieben worden. Die Existenz von Niederwäldern im Siegerländer Raum in der vorrömischen Eisenzeit wurde durch Pollenanalyen belegt, ebenso das Alter von Holzkohlenresten an Eisenverhüttungsplätzen aus jener Zeit. Die Gewinnung von Eisen und anderen Metallen im Siegerland und die Kunst der Weiterverarbeitung ist seit über 2.500 Jahren bekannt und geht auf die Kelten zurück. Siegen-Wittgenstein blickt deshalb auf eine lange Tradition in Bergbau- und Hüttenwesen zurück. Der Holzkohle als Energielieferant kam lange Zeit hohe Bedeutung zu. Es wäre jedoch nicht zulässig und stimmig, würde man von einer ebenso langen Haubergswirtschaft sprechen.

Der Beginn der eigentlichen Haubergswirtschaft gründet auf der Holz- und Waldordnung des Grafen Johann zu Nassau von 1562. Weitere Haubergsordnungen folgten; diejenige von 1879 galt bis 1975. Die Hauberge sind ungeteiltes und unteilbares Gesamteigentum der Besitzer. Das Eigentum des Einzelnen besteht aus Anteilen am Gemeinschaftsvermögen. Diese sind im Grundbuch eingetragen und können wie Grundstücke gehandelt werden – aber – bleiben Teil des Ganzen.

Hauberge sind eine besondere Form des Niederwaldes aus Birken und Eichen, eingestreut sind Ebereschen, Kirschen, Hainbuchen, Buchen und Weiden. Nach einem Wachstum von 15 – 20 Jahren werden die einzelnen Stämme „auf den Stock gesetzt“. Diese Form der Niederwaldwirtschaft mit eigener Fauna und Flora wurde inzwischen abgelöst. Die Holzkohle hatte ausgedient. Eine nachhaltige Hochwaldwirtschaft ersetzt heute den Niederwald.

Nach wie vor bilden die aus den Haubergen hervorgegangen Hochwälder Gemeinschaftseigentum, das heute in der Rechtsform einer Genossenschaft bewirtschaftet und verwaltet wird. Rechtliche Grundlage ist das Gesetz über den Gemeinschaftswald von 1975 mit vier wesentlichen Punkten:

  • Zusammenfassung aller Anteilsberechtigten in einer Körperschaft öffentlichen Rechts (Waldgenossenschaft)
  • Verbot der Aufteilung der zum Gemeinschaftsvermögen zählenden Waldflächen
  • Einheitliche Bewirtschaftungsgrundsätze für alle Arten des Gemeinschaftswaldes
  • Möglichkeit der Zusammenlegung und Neubildung von Waldgenossenschafte

Müsener Hauberg

Spuren des Müsener „Montangebietes“ reichen bis 500 v.Chr. zurück (La-Tene-Zeit). Ebenso beginnt die Nutzung des Niederwaldes für Verhüttungsprozesse in dieser Zeit. Die Martinshardt mit der späteren Grube Stahlberg wird 1313 erstmals urkundlich genannt. Spätestens zu dieser Zeit muß sich eine wie immer geartete „Waldwirtschaft“ entwickelt haben, die eine dauerhafte Versorgung mit Holzkohle zur Verhüttung ermöglichte.

Müsen – das sympathische Dorf am Rande des Rothaargebirges –  Ort liegt auf ca. 340 m im Rothenbachtal – Martinshardt mit 616,10 m Höhe, Kindelsberg mit 617,90 m, Altenberg, Ziegenberg 521,00 m und Breitenberg mit 529,00 m begrenzen den Ort U-förmig von West nach Ost. Die U-Form öffnet sich nach Süden in das Tal der Ferndorf. Wir finden deshalb eine Besiedlung, die sich der topologischen Situation angepaßt hat. Die Kirche blieb auch in Müsen im Dorf und bildet den Kern. Höchster Berg in der Umgebung ist der Hohe Wald mit 655,00 m Höhe. Der Altenberg mit einem mittelalterlichen Gruben-Gelände bildet den Übergang nach Littfeld


Die Entwicklung der Hauberge ist also auf das Innigste mit der Montantätigkeit in Müsen verbunden. Die Grube Stahlberg, als Teil der Martinshardt, dem dominierenden Bergrücken von Süd-West nach Nord-Ost verlaufend, war einst die bedeutendste Spateisensteinlagerstätte der Region und hat die Entwicklung des Ortes, der Natur und der Menschen – und letztlich der Haubergswirtschaft – maßgeblich bestimmt. In jüngerer Zeit sind fünf Waldgenossenschaften bekannt, die im Jahre 2009 die Waldgenossenschaft „Müsener Hauberg“ gründeten. Dörfer Hauberg, Merklinghäuser Hauberg, Martinshardter Hauberg, Müsener Jähne und Dornbrucher Hauberg brachten sich in diese neue Waldgenossenschaft ein, um die alte Haubergswirtschaft durch eine moderne Waldwirtschaft mit hohem wirtschaftlichen Nutzen zu ersetzen. Der Niederwald wurde nach und nach zum Hochwald umgestaltet. Die neue Genossenschaft verwaltet eine Fläche von 541 Hektar, eingeteilt in 20.000 Einzelanteile mit ca. 500 Anteilseignern.